koiyu – Tauschmittel oder nur Schmuck?

Aus Heft 91: Primitivgeldsammler 35/1, 23-24 (2014); Bei korrekter Zitierweise ist die Übernahme von kleineren Textausschnitten ohne Rückfrage erlaubt.

koiyu – medium of exchange or only adornment?

koiyu – moyen d’échange ou seulement bijoux?

Bernhard Rabus

 ZUSAMMENFASSUNG

Im folgenden Beitrag geht es um Schmuckstücke von Papua Neuguinea.

91-1 Abb.1 "RORO" Rabus

 

Die sogenannten koiyu wurden im Gebiet der RORO bis hinauf nach Kerema gefunden.

Drei koiyu

Abb.2: Drei koiyu aus dem Handel

Frau Quiggin bildet in ihrem Buch „A Survey of Primitive Money“ (1949/1978) auf der Farbtafel zwischen den Seiten 184 und 185 ein „Turtleshell chest pendant, New Guinea“ ab und rechnet dieses zur großen Gruppe der „valued objects used in Prestige-giving and exchanges, in „bride-price“ or in ordinary trading“ (S. 179). Als Quelle für diese Aussage nennt sie Seligmann, 1910.

Diese koiyu oder auch koio genannten Schmuckstücke ähneln in Art und Aufbau den kapkaps Neubritanniens und der Salomonen. Das scherenschnittartige Schildpatt ist jedoch nicht auf Tridacnascheiben montiert sondern auf Schalenstücke der Faltenschneckengattung Melo. Diese Schalen kennen wir aus dem Hochland von Papua Neuguinea als „bailer shell“. Sie sind nicht völlig flach sondern mehr oder weniger gewölbt. Hergestellt wurden koiyu nach Seligmann (1910:208) von den Roro an der Südostküste von Papua Neuguinea. Sie sind Nachbarn der Mekeo.

Die offensichtliche Häufigkeit dieser koiyu Scheiben ist unschwer nachzuweisen. Es gibt mehrere Fotos von heiratsfähigen Mädchen, die mit koiyu geschmückt sind (z. B. Seligmann 1910: vor S.265; Guis 1936: vor S.33) sowie von jungen Männern (Guis 1936: nach S.32) und Zauberern (Guis 1936: vor  S.177), die je ein koiyu auf der Stirn tragen.

Abb.3: koiyu als Stirnschmuck

Abb.3: Ein Zauberer und Sohn mit koiyu als Stirnschmuck (Foto aus Guis, Joseph, La Vie des Papous, Paris 1936)

 

Abb. 4: koiyu als Srirnschmuck

Abb. 4: Zwei junge Männer koiyu als Srirnschmuck  (Aus Guis Joseph: La Vie des Papous, Paris 1936)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch der große Tanzfederschmuck der Roro und Mekeo enthält oft einige koiyu.

Abb.5: Tanzfederschmuck der Roro und Mekeo

Abb.5: Kopfschmuck Kanagakanga von den Mekeo mit mehreren koiyu. 19.Jahrhundert. (Fine Arts Museum of San Francisco)

 

Etwas mehr nach Süden zu fielen schon Macgillivray (1852, Kapitel 2.2) im Jahr 1849 bei den Anliegern von Redscar Bay (siehe Karte oben) koiyu auf: „Among numerous ornaments the most common is a large round concave portion of melon shell, sometimes beautifully inlaid with filigree work of tortoise-shell, worn on the breast“. Was die „Schnittmuster“ der koiyu angeht, hatte man Seligmann wohl berichtet, dass sie Clan-Eigentum gewesen seien, doch ergänzte er „though it is probable that at the present day no maker limits himself to one design“.

Abb.7 Roro Mädchen in vollem Schmuck mit koiyu

Abb.7 Roro Mädchen in vollem Schmuck mit koiyu

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 8: Abb.7 Roro Mädchen in vollem Schmuck mit koiyu (Foto aus La Vie de Papous, siehe oben)

Abb. 8: Abb.7 Roro Mädchen in vollem Schmuck mit koiyu (Foto aus La Vie de Papous, siehe oben)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Was aber hat es mit der Funktion als Tauschmittel auf sich, die Frau Quiggin annimmt? Sie stützt sich dabei auf Seligmann und der schreibt in der Tat: „Waima has for long done a small coastal trade with the Papuan Gulf, taking especially shell ornaments, which come from farther east (damit sind vor allem die toia genannten Conusarmringe gemeint; Anm. d. Verf.), and the locally made fretted turtle shell ornaments called koiyu“ (1910:204). Für die Roro von Waima stellten somit koiyu neben den bekannten Conusarmreifen offensichtlich ein standardisiertes Tauschmittel dar. Diese Handelsreisen im Golf von Papua führten wohl bis nach Kerema, das gute hundert Kilometer nördlich von Waima an der Küste liegt (siehe Karte oben), denn die koiyu in Abb. 2 und 6 wurden alle in Kerema gesammelt.

Abb.6: Zwei koiyu - links 6,5 cm Durchmesser; rechts 10,5cm x 9cm

Abb.6: Zwei koiyu – links 6,5 cm Durchmesser; rechts 10,5cm x 9cm

Natürlich habe ich versucht, weitere Belege für die Verwendung von koiyu als Tauschmittel zu finden, aber leider vergeblich. Einen möglichen Ansatzpunkt fand ich nur bei Guis (1936). Er war Pater der Congrégation des Missionaires du Sacré Coeur d´Issodoun auf der Insel Yule und sammelte die in seinem Buch geschilderten Erfahrungen und Beobachtungen zwischen 1894 und 1897. Er schildert ausführlich die Heiratsgebräuche der Eingeborenen und benennt die Bestandteile des Brautpreises (den er ausdrücklich so nennt): mairi (halbmondförmige Perlmuschelschalen), hoéa (die anderswo toia oder toea genannten Conus-Armringe), einige Klafter mobio (nach Seligmann identisch mit den Nassa-Schnüren tautau der Motu), Paradiesvogelbälge, Federn und oupi-oupi. Die in Klammern eingefügten Erklärungen stammen von mir. Guis hat alle verwendeten einheimischen Begriffe erklärt mit Ausnahme von oupi-oupi. Im ganzen Buch konnte ich keinen Hinweis auf die Bedeutung dieses Begriffs finden. Sollte es sich dabei um koiyu handeln? Bei der Beschreibung der Häuser berichtet er von kleinen Netzen, in denen die Kostbarkeiten/Reichtümer versteckt sind („dissimulées les richesses“): Paradiesvogelgefieder, Tanzornamente, Muschelschmuck oder Hundezähne. Dazu zählen auch koiyu und es ist von daher anzunehmen, dass sie auch als Brautgeld verwendet wurden, aber der schlüssige und handfeste Beweis dafür kann nicht geführt werden. So müssen wir uns mit dem einzigen Beleg bei Seligmann begnügen. Zunächst, denn vielleicht weiß jemand von Ihnen mehr…..

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